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Vorwort zum Foto-Buch:

Sichtbarkeit

Ein Krankenhaus-Trakt wird abgerissen. Radiologie, Notaufnahme, Labor, Intensivstation, Büros der Ärzte und Sozialräume der Mitarbeiter. Alles wird geräumt, geleert, demontiert und aufgelöst, um später an gleicher Stelle erneut aufgebaut zu werden.

Der Fotoband folgt der Grundidee, den Abriss des Gebäudes fotografisch zu begleiten. In drei Phasen wird dieser Auflösungsprozess, der fast ein Jahr dauert, festgehalten. Zuerst werden die Räume während des normalen Betriebs gezeigt, bevor dann der Auszug und Umzug beginnt: Regale werden geräumt, Kartons gepackt, technische Geräte demontiert und medizinische Möbel abgebaut. Schließlich übernimmt eine Abrissfirma den weitergehenden Rückbau. Baustoffe werden getrennt und Wertiges gesichert, Wände aufgeschlitzt, Kabelstränge gekappt, Leitungen getrennt und die Infrastruktur stillgelegt. Das Innerste nach außen. Die Räume sind außer Kraft gesetzt.

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Behandlungsräume, Wartezimmer, Untersuchungs- oder Pflegeräume sind auch immer Arbeitsplätze des pflegenden Personals, der Diagnostiker und Therapeuten. Profis in ihrer Werkstatt. Und auf der anderen Seite der leidende Patient, das unglückliche Opfer, der verletzte Mensch. Das Krankenhaus ist sowohl rationeller Funktionsraum helfenden Personals als auch höchst emotional und atmosphärisch besetzter Angstraum von Menschen in Not.

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Die zahlreichen Bilder versuchen, diese Wechselwirkung aufzuspüren und das Verschwinden der vergegenständlichten Raum-Atmosphären zu dokumentieren. Welche Stimmungen und ästhetische Ausstattungen besitzen diese Räume und was lässt sich zum Ende ihrer Nutzungszeit davon noch finden? Was bleibt? Das Sichtbarmachen steht im Zentrum dieses Buches. Und um das schwer Sichtbare besser erkennen zu können, erzähle ich die Geschichte des Vergehens von hinten und beginne mit dem Ende.